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Für sichere Verschlüsselung ohne “Wenn” und “Aber”
Wieder einmal erliegt ist man im Bundesinnenministerium der Meinung, man könne die Sicherheit im Land erhöhen, indem man die Verschlüsselung von Internetdiensten kompromittiert. Anbieter von Messenger-Diensten wie Whatsapp, Threema … sollen gesetzlich verpflichtet werden, Eingriffe in die Verschlüsselung ihrer Dienste vorzunehmen, sodass Behörden bei Verdachtsfällen die gesamte Kommunikation überwachen können. Darauf, dass durch solche Eingriffe die Sicherheit der Internet-Dienste und des Internet gefährdet wird, hat ISOC.DE in verschiedenen Veranstaltungen in den letzten Jahren hingewiesen (vergl. “Internet Society CEO Andrew Sullivan in Berlin” und “Sicherheit zwischen Kryptographie und Überwachung“) .
Über 80 Organisationen aus der Internet Gemeinschaft und der Zivilgesellschaft und fast 150 Fachleute unterstützen einen offenen Brief, der noch einmal die drastischen, negativen Konsequenzen solcher Maßnahmen aufzeigt. Eine Kopie mit Liste der Unterzeichner, Stand 13.6., gibt es bei ISOC.DE.
Internet Society CEO Andrew Sullivan in Berlin
Andrew Sullivan, Präsident und CEO der Internet Society (ISOC), war vom 31. März bis zum 3. April in Berlin. Außer Besuchen in den Internet-Ministerien (Außen–, Innen–, Justiz–, Wirtschaft–) gemeinsam mit Vorstandsmitgliedern der ISOC.DE, standen u.a. zwei Diskussionsrunden auf dem Programm. Zu diesen Veranstaltungen hatten das Weizenbaum Institut und der Verband der Internet Wirtschaft (eco) gemeinsam mit ISOC.DE eingeladen hatten.
Hauptsächlich ging es bei dem Besuch um die Vorbereitung des Internet Governance Forums (IGF) im Herbst 2019 in Berlin. In den zwei Runden wurden denn auch über IGF-Themen diskutiert. Die erste Runde (im Weizenbaum Institut) beschäftigte sich damit, wie und zu welchen Themen das IGF arbeiten sollte. Die zweite Runde (eco und ISOC.DE) widmete sich konkret dem Zusammenhang von Kryptografie und Internet, ein Thema, das auch auf dem IGF wieder diskutiert werden wird. Read the rest of this entry »
Viel Interesse an Bürgerrechten im Netz
70 Teilnehmer folgten am 26.11.2018 der Einladung von ISOC.DE in Die Eins, um über “Bürgerrechte im Netz” zu diskutieren, festgemacht an den Themen Netzneutralität und Datenschutz. Die Veranstaltung fand im Anschluss an die diesjährige Mitgliederversammlung der ISOC.DE statt.
Einen schlechten Start hatte die Diskussion über Netzneutralität. Von den drei angekündigten Diskutanten fielen zwei kurzfristig aus. Der Moderatorin Katrin Ohlmer gelang es, Philippe Gröschel von Telefónica Germany zu gewinnen, der das Thema aus Sicht eines Netzanbieters vertrat. Eine Regulierung, die die Internet Service Anbieter zur Einhaltung der Netzneutralität verpflichtet, lehnt er ab. Eine solche Regulierung sei nicht nur überflüssig sondern behindere auch Innovation (z. B. im Bereich Edge Computing). Dem gegenüber zählte Klaus Birkenbihl Beispiele dafür auf, dass Internet Service Provider, um eigene oder befreundete Angebote zu befördern, Angebote der Konkurrenz ausgebremsen, blockten oder verteuerten. Vorfälle wie diese und Untersuchungen in der Vergangenheit hätten gezeigt, dass ein Auseinanderbrechen des Internet drohe, wenn man weiterhin den Internet Service Providern freie Hand dabei lasse, Netze nicht neutral sondern zugunsten eigener Geschäfte zu managen.
Das Panel Datenschutz wurde in Zusammenarbeit mit Networks & Politics durchgeführt. Moderator Jan Mönikes konnte ein Panel begrüßen, auf dem alle eine unterschiedliche Sichtweise auf das Thema und die Bewertung der DSGVO haben.
- Winfried Veil, Datenschutzexperte, sieht die DSGVO im Konflikt zur Freiheit der Meinungsäußerung und der Kunstfreiheit. Zwar solle sich die DSGVO gegen die Datensammelwut einiger Großkonzerne richten, sie produziere aber Einschränkungen und Risiken für den Normalbürger, deren Auswüchse in Form von entfernten Klingelschildern in Wien, Kindergarten-Gruppenbildern mit geschwärzten Gesichtern etc. Bekanntheit erlangt hätten.
- Patrick Breyer von der Piratenpartei sieht dies ganz anders. Personenbezogene Daten gäben Macht über Personen. Deshalb sei es wichtig, dass die Verfügung über Daten einzig in der Hand der Betroffenen liege.
- Marit Hansen, Datenschutzbeauftragte für Schleswig-Holstein hält die DSGVO für nicht perfekt, aber für notwendig. Statt über Auswüchse zu jammern solle man daran arbeiten, vernünftige rechtliche und technische Lösungen zu finden, die Tracking vermeiden und nur sparsam Daten sammeln.
- Christin Schäfer von ACS+ wünscht sich mehr Rechtssicherheit für die Verarbeitung von Daten.
Beim anschließenden Empfang hatten die Teilnehmer reichlich Gelegenheit, die teils kontroversen Thesen der Panellisten weiter zu diskutieren.
Offener Brief zum Thema Datenschutz an die Politik
ISOC.DE hat sich gemeinsam mit 15 anderen Organisationen einen offenen Brief an
- Wirtschaftsminister Altmaier
- Justizministerin Barley
- Innenminister Seehofer
gewandt. In dem Brief werden die drei Ressortchefs aufgefordert, den Datenschutz für Internetnutzer durch die ePrivacy-Verordnung über die Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) hinaus zu stärken.
Das Thema Datenschutz wird ein Schwerpunkt der Veranstaltung der ISOC.DE am 26. November, 17:00 Uhr im Restaurant “Die Eins” Wilhelmstr. 67a, 10117 Berlin – Im ARD-Hauptstadtstudio am Reichstagsufer sein. Dort wollen wir die Rechte des Bürgers im Netz, insbesondere den Datenschutz und den Zugang zu einem offenen Netz diskutieren. Anmeldemöglichkeit zur kostenfreien Teilnahme auf des Webseite der Veranstaltung.
Aus für Netzneutralität in den USA — und hier?
Alles Argumentieren und dagegen Anrennen hat nichts genützt: die FCC hat in den USA die erst 2015 beschlossene Netzneutralität gekippt. Was soll’s: das Netz kommt aus dem Router — oder nicht?
Es geht Alle an! Man stelle sich einmal folgendes — gar nicht so unrealistische — Szenario vor: das Autobahnnetz wird privatisiert. Drei oder vier Großunternehmen werden die Eigentümer. Das entspricht etwa der heutigen Situation des Internet in Deutschland. Zurück zur Autobahn: natürlich würde keiner es akzeptieren, wenn jeder Betreiber seine eigenen Regeln für das Befahren seiner Autobahnen aufstellen würde, den Zugang nach Gutdünken — oder eigenen Geschäftsinteressen — beschränken würde. Vielmehr würde man erwarten, dass Alle — auf der Basis allgemeiner Regeln — die Autobahn in gleichem Maße Nutzen könnten. Es ginge zum Beispiel nicht an, dass ein Autobahnbetreiber sich einen Paketdienst einverleibt, und — aus wohlverstandenem Geschäftsinteresse — der Konkurrenz den Zugang zu seinen Autobahnen einschränkt oder gar verbietet.
Im Internet wurde genau dies durch den jüngsten Beschluss der FCC in einem undurchsichtigen Verfahren ermöglicht. Regeln, die Websperren für rechtmäßige Inhalte oder eine Bevorzugung eigener Inhalte im Internetverkehr verbieten, wurden abgeschafft. Es ist durchaus nicht unrealistisch, das für Nutzer von Internetanschlüssen künftig nicht mehr nur Servicequalität, Bandbreite und Preis bei Ihrer Entscheidungen für einen Provider interessant ist, sondern besonders die Frage: “mit wem kann ich über diesen Anschluss gut kommunizieren, welche Dienste kann ich erreichen.” Damit wird die Idee des offenen Internet pervertiert.
Sicher haben die Gegner der Netzneutralität recht, wenn sie sagen, dass auch die Netzneutralität nicht wirklich neutral ist, dass einige Große unverhältnismäßig profitieren. Vielleicht könnte man wirklich bessere Regeln als die heutigen finden, die das Netz offener und den Zugang gerechter machen. Das, was die FCC gemacht hat, ist aber sicher ein — für das Internet hochgefährlicher — Schritt in die falsche Richtung. Auf die Reaktion in Europa, wo es auch immer wieder Angriffe auf die Netzneutralität gibt, darf man gespannt sein.