Rückblick vom Kaminabend “Internet Governance”
Am 9. Februar 2022 trafen sich interessierte ISOC.DE-Mitglieder beim virtuellen Kaminabend zum Thema „Internet Governance“, um im Rahmen dessen die gewonnenen Eindrücke vom letztjährigen Internet Governance Forum (IGF) in Kattowitz auszutauschen und zu diskutieren.
Nach einer kurzen Einführung ins Thema, die u.a. die Entstehungsgeschichte des IGF und die Multistakeholder Advisory Group (MAG) als dessen wesentliches thematisches Steuerungsorgan beleuchtete, wurde die enge Einbindung und die durchaus deutlich akzentsetzende Rolle der Gastgeberländer diskutiert. Weiterhin wurden die regionalen und nationalen IGF-Initiativen angesprochen – so z.B. der europäische Euro-DIG oder das deutsche IGF-D – sowie deren Verzahnung mit dem globalen IGF.
Vom IGF 2021 in Kattowitz haben die Teilnehmer unter den ISOC.DE-Mitgliedern als wesentliche Erkenntnisse Folgendes mitgenommen:
- Viele Gremien, viele Themen
- Im IGF werden keine Entscheidungen getroffen werden, eine Entscheidungsfindung wird durch das IGF vielmehr ermöglicht durch den dort stattfindenden Erkenntnisgewinn – dies wurde als positiv wahrgenommen
- Ein starker Fokus lag auf Aspekten wie „Menschenrechte der Nutzer“ oder „Demokratische Prinzipien bilden Grundlage für das Internet“
- Als weniger wünschenswerte Entwicklung entstand der Eindruck, dass die Lokalisierung des IGF-Prozesses insgesamt zu einer Atomisierung führt in zweierlei Hinsicht: Zum einen konkurrieren die regionalen bzw. nationalen IGFs mit dem globale IGF um Aufmerksamkeit, zum anderen sorgt die sehr breite Themenvielfalt bis hin zu KI, Nachhaltigkeit & Co. dafür, dass die eigentliche Internet Governance an sich zunehmend weniger im Fokus steht.
Die unter einem sich dafür anbietenden Motto „Make IGF Internet again“ stehende erneute Hinwendung zu Themen mit deutlich stärkerem Bezug zu klassischer Internet Governance wurde begrüßt.
ISOC.DE-Mitglied Manuel Höferlin steuerte ferner seine Sicht als Bundestagsabgeordneter bei auf die spezielle Relevanz des gesamten IGF-Prozesses gerade auch für Parlamentarier weltweit. Die Teilnahme von Regierungsvertretern am IGF ist wichtig, gewünscht und soll deswegen beibehalten und nach Möglichkeit ausgebaut werden. Da aber Regierungen nicht auch die Parlamente vertreten können und sollen, sondern von letzteren idealerweise beaufsichtigt werden, ist die IGF-Teilnahme gerade auch für Parlamentarier – auch die der Opposition – enorm wichtig.
Aus seiner Sicht ist es – gerade, weil viel national reguliert wird – gewinnbringend, politische Stakeholder anderer Länder zu treffen und zu hören, was z.B. bzgl. entsprechender Gesetzgebung in diesen Ländern passiert. Parlamentarier sind aus dieser Perspektive – wie alle anderen IGF-Teilnehmer auch – Internetnutzer mit verschiedener Herkunft und verschiedenem Hintergrund, die sich treffen und austauschen und so voneinander lernen. Manuel Höferlin schließt mit dem Wunsch nach einem regelmäßigen unterjährigen Austausch zwischen Parlamentariern, welcher aber als aktuelle Baustelle der IGF-Parlamentarier formalisiert und vorbereitet werden müsste.
Der Kaminabend schließt mit dem Hinweis, dass das zum Jahresende anstehende globale IGF im äthiopischen Addis Abeba stattfinden soll.