Archiv für die Kategorie „Technik & Standardisierung“
Splinternet und kritische Infrastrukturen: Einblicke aus der Ukraine und Folgerungen für Deutschland
Die jüngsten Ereignisse in der Ukraine haben die Welt in Atem gehalten und uns eine wichtige Lektion erteilt: Die digitale Infrastruktur ist ein entscheidender Faktor in der modernen Gesellschaft und kann in Krisenzeiten zum Zentrum des Geschehens werden.
Bei einer am 7.6.2023 von ISOC.de veranstalteten Diskussionsveranstaltung mit Aktiven des Vereins teilte René Fichtmüller, Mitarbeiter von Flexoptix und Vorstandsvorsitzender der Global NOG Alliance, die die Initiative „Keep Ukraine Connected“ betreibt, seine Erfahrungen und Einsichten aus erster Hand. Beruflich zurzeit im Königreich Bhutan tätig, berichtete er zwei Stunden lang von seinen Erfahrungen im Rahmen des Projektes, das unter https://nogalliance.org/our-task-forces/keep-ukraine-connected/ weiter um Unterstützung wirbt.
Unter der Leitung von Katrin Ohlmer, der Vorsitzenden von ISOC.de, eröffnete er einen tiefen Einblick in die Herausforderungen, denen sich die Ukraine gegenübersieht. Fichtmüller berichtete von seinen Reisen in die Ukraine, bei denen er half, mehr als 3 Millionen Dollar an technischer Ausrüstung zu liefern, um die digitale Infrastruktur des Landes zu stärken und die Kommunikation aufrechtzuerhalten. Seine Erfahrungen und Einblicke aus der Ukraine bestätigten in der regen Diskussion einige wesentliche Erkenntnisse, die auch für Deutschland und andere Länder von Bedeutung sind:
Bedeutung der digitalen Infrastruktur: Die Erfahrungen in der Ukraine unterstreichen die entscheidende Rolle, die die digitale Infrastruktur in einer modernen Gesellschaft spielt. Sie ist nicht nur im Alltag von Unternehmen und Regierungen unerlässlich, sondern auch für die Aufrechterhaltung der Kommunikation in Krisenzeiten. In Deutschland sollte daher ein besonderer Fokus auf den Schutz und die Stärkung der digitalen Infrastruktur gelegt werden. Denn Krieg ist nicht das einzige Krisen-Szenario, das Vorbereitung erfordert.
Bereitschaft für Krisensituationen: Die Ereignisse in der Ukraine zeigen, wie schnell und tiefgreifend eine Krise die digitale Infrastruktur beeinträchtigen kann. Deutschland sollte sich auf solche Szenarien vorbereiten, indem es Notfallpläne erstellt und diese auch regelmäßig überprüft und aktualisiert. Diese Pläne sollten Maßnahmen zur Wiederherstellung der digitalen Infrastruktur im Falle eines Ausfalls enthalten.
Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit: Die Arbeit von Fichtmüller und der Globalen NOG-Allianz in der Ukraine zeigt, wie wichtig Solidarität und internationale Zusammenarbeit in Krisenzeiten sind. Deutschland sollte seine Bemühungen zur internationalen Zusammenarbeit in Bereichen wie Cybersecurity und digitaler Infrastruktur verstärken.
Bewusstsein für Cyberbedrohungen: Die Diskussionen über Cyberangriffe in der Ukraine unterstreichen die Notwendigkeit, das Bewusstsein für solche Bedrohungslagen zu erhöhen. In Deutschland sollten Unternehmen, Regierungen und Einzelpersonen ermutigt werden, ihre Kenntnisse über Cyberbedrohungen zu verbessern und Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Cyber-Resilienz zu ergreifen.
Bedeutung der Neutralität im Netz: Die Diskussion über die Entscheidung von ICANN, die russische Domain nicht vom Netz zu nehmen, hat Fragen zur Neutralität im Netz aufgeworfen. Fichtmüller betonte – bei aller Solidarität mit der Ukraine – die Bedeutung der Neutralität des Netzes und wie wichtig es wäre, Maßnahmen zu ergreifen, um sie zu schützen.
Die Veranstaltung bot einen wertvollen Einblick in die Realität des Ukraine-Konfliktes und der Herausforderungen, die mit der Aufrechterhaltung der digitalen Infrastruktur in Kriegszeiten verbunden sind. Sie unterstrich die Bedeutung der Arbeit von Organisationen wie ISOC und der Initiative „Keep Ukraine Connected“, die sich dafür einsetzen, die digitale Konnektivität in Krisenzeiten aufrechtzuerhalten.
Katrin Ohlmer: „Die Erkenntnisse aus der Ukraine sind nicht nur für das Land selbst relevant, sondern auch für andere Länder wie Deutschland, in denen kein Krieg ist. Sie unterstreichen die Notwendigkeit, die digitale Infrastruktur zu schützen, sich auf alle Arten von Krisen weitsichtig vorzubereiten, das Bewusstsein für Cyberbedrohungen zu erhöhen und die Neutralität im Netz zu schützen. Wir müssen die Lektionen aus der Ukraine ernst nehmen und Maßnahmen ergreifen, um unsere digitale Infrastruktur zu stärken und uns auf mögliche Krisen vorzubereiten. Nur so können wir sicherstellen, dass wir in der Lage sind, den Herausforderungen auch für die digitale Welt zu begegnen und unsere Gesellschaften zu schützen.“
Wir bedanken uns bei René Fichtmüller für seine spannenden und persönlichen Einblicke, und freuen uns darauf, die Diskussion zu vertiefen. Wer die Initiative „Keep Ukraine connected“ unterstützen möchte, kann René und sein Team hier erreichen: https://nogalliance.org/our-task-forces/keep-ukraine-connected/
Für weitere Informationen, und um an zukünftigen Veranstaltungen teilzunehmen, besuchen Sie bitte unsere Website.
Für sichere Verschlüsselung ohne „Wenn“ und „Aber“
Wieder einmal erliegt ist man im Bundesinnenministerium der Meinung, man könne die Sicherheit im Land erhöhen, indem man die Verschlüsselung von Internetdiensten kompromittiert. Anbieter von Messenger-Diensten wie Whatsapp, Threema … sollen gesetzlich verpflichtet werden, Eingriffe in die Verschlüsselung ihrer Dienste vorzunehmen, sodass Behörden bei Verdachtsfällen die gesamte Kommunikation überwachen können. Darauf, dass durch solche Eingriffe die Sicherheit der Internet-Dienste und des Internet gefährdet wird, hat ISOC.DE in verschiedenen Veranstaltungen in den letzten Jahren hingewiesen (vergl. „Internet Society CEO Andrew Sullivan in Berlin“ und „Sicherheit zwischen Kryptographie und Überwachung„) .
Über 80 Organisationen aus der Internet Gemeinschaft und der Zivilgesellschaft und fast 150 Fachleute unterstützen einen offenen Brief, der noch einmal die drastischen, negativen Konsequenzen solcher Maßnahmen aufzeigt. Eine Kopie mit Liste der Unterzeichner, Stand 13.6., gibt es bei ISOC.DE.
Internet Society CEO Andrew Sullivan in Berlin
Andrew Sullivan, Präsident und CEO der Internet Society (ISOC), war vom 31. März bis zum 3. April in Berlin. Außer Besuchen in den Internet-Ministerien (Außen–, Innen–, Justiz–, Wirtschaft–) gemeinsam mit Vorstandsmitgliedern der ISOC.DE, standen u.a. zwei Diskussionsrunden auf dem Programm. Zu diesen Veranstaltungen hatten das Weizenbaum Institut und der Verband der Internet Wirtschaft (eco) gemeinsam mit ISOC.DE eingeladen hatten.

Diskussion über Internet und Kryptographie (Photo: Klaus Birkenbihl)
Hauptsächlich ging es bei dem Besuch um die Vorbereitung des Internet Governance Forums (IGF) im Herbst 2019 in Berlin. In den zwei Runden wurden denn auch über IGF-Themen diskutiert. Die erste Runde (im Weizenbaum Institut) beschäftigte sich damit, wie und zu welchen Themen das IGF arbeiten sollte. Die zweite Runde (eco und ISOC.DE) widmete sich konkret dem Zusammenhang von Kryptografie und Internet, ein Thema, das auch auf dem IGF wieder diskutiert werden wird. Diesen Beitrag weiterlesen »
Viel Interesse an Bürgerrechten im Netz

Streiten um den richtigen Datenschutz (v.l.): Patrick Breyer, Marit Hansen, Jan Mönikes, Winfried Veil und Christin Schäfer.(Photo: Jonas Jacek)
70 Teilnehmer folgten am 26.11.2018 der Einladung von ISOC.DE in Die Eins, um über „Bürgerrechte im Netz“ zu diskutieren, festgemacht an den Themen Netzneutralität und Datenschutz. Die Veranstaltung fand im Anschluss an die diesjährige Mitgliederversammlung der ISOC.DE statt.
Einen schlechten Start hatte die Diskussion über Netzneutralität. Von den drei angekündigten Diskutanten fielen zwei kurzfristig aus. Der Moderatorin Katrin Ohlmer gelang es, Philippe Gröschel von Telefónica Germany zu gewinnen, der das Thema aus Sicht eines Netzanbieters vertrat. Eine Regulierung, die die Internet Service Anbieter zur Einhaltung der Netzneutralität verpflichtet, lehnt er ab. Eine solche Regulierung sei nicht nur überflüssig sondern behindere auch Innovation (z. B. im Bereich Edge Computing). Dem gegenüber zählte Klaus Birkenbihl Beispiele dafür auf, dass Internet Service Provider, um eigene oder befreundete Angebote zu befördern, Angebote der Konkurrenz ausgebremsen, blockten oder verteuerten. Vorfälle wie diese und Untersuchungen in der Vergangenheit hätten gezeigt, dass ein Auseinanderbrechen des Internet drohe, wenn man weiterhin den Internet Service Providern freie Hand dabei lasse, Netze nicht neutral sondern zugunsten eigener Geschäfte zu managen.
Das Panel Datenschutz wurde in Zusammenarbeit mit Networks & Politics durchgeführt. Moderator Jan Mönikes konnte ein Panel begrüßen, auf dem alle eine unterschiedliche Sichtweise auf das Thema und die Bewertung der DSGVO haben.
- Winfried Veil, Datenschutzexperte, sieht die DSGVO im Konflikt zur Freiheit der Meinungsäußerung und der Kunstfreiheit. Zwar solle sich die DSGVO gegen die Datensammelwut einiger Großkonzerne richten, sie produziere aber Einschränkungen und Risiken für den Normalbürger, deren Auswüchse in Form von entfernten Klingelschildern in Wien, Kindergarten-Gruppenbildern mit geschwärzten Gesichtern etc. Bekanntheit erlangt hätten.
- Patrick Breyer von der Piratenpartei sieht dies ganz anders. Personenbezogene Daten gäben Macht über Personen. Deshalb sei es wichtig, dass die Verfügung über Daten einzig in der Hand der Betroffenen liege.
- Marit Hansen, Datenschutzbeauftragte für Schleswig-Holstein hält die DSGVO für nicht perfekt, aber für notwendig. Statt über Auswüchse zu jammern solle man daran arbeiten, vernünftige rechtliche und technische Lösungen zu finden, die Tracking vermeiden und nur sparsam Daten sammeln.
- Christin Schäfer von ACS+ wünscht sich mehr Rechtssicherheit für die Verarbeitung von Daten.
Beim anschließenden Empfang hatten die Teilnehmer reichlich Gelegenheit, die teils kontroversen Thesen der Panellisten weiter zu diskutieren.
IT-Sicherheit war gestern —
willkommen zurück Bundestrojaner!
Hört die Politik überhaupt noch zu, wenn es um IT-Sicherheit geht? Da führt Whatsapp unter dem Druck von Datenschützern, Benutzern und Politik die Ende-zu-Ende Verschlüsselung ein. Dann beschließt die Politik, auf Anraten der Sicherheitsbehörden einen großzügigen Katalog, nach dem es Polizei und Geheimdiensten erlaubt ist u. A. die Whatapp Kommunikation zu belauschen.
Das Problem? Genau: es gibt da diese lästige Ende-zu-Ende Verschlüsselung, die das Lauschen doch erheblich erschwert. Was also tun:
- Ende-zu-Ende Verschlüsselung wieder abschaffen? Peinlich, und außerdem: im Herbst sind Wahlen!
- Google, Microsoft und Apple fragen, ob vielleicht für die Behörden ein Backdoor eingerichtet werden kann? Das kann dauern. Außerdem steht dann gleich wieder die NSA auf der Matte und man macht sich von US-Firmen abhängig und und und …
Schnell soll es auch gehen. dann doch lieber gleich von der NSA lernen und strukturiert vorgehen: