Etwas weniger USA in der Internet Verwaltung
Mit dem IANA Stewardship Übergang zieht sich das U.S. Department of Commerce National Telecommunications and Information Administration (NTIA) aus einer zentralen technischen Funktion des Internet zurück. Ab nun ist die Internet-Community repräsentiert durch ICANN in der Verantwortung.
Über die Schwierigkeiten einen robusten Konsensvorschlag für den IANA Stewardship Übergang zu entwickeln hat ISOC.DE in dem Artikel “IANA Stewardship Transition: Einfaches wird kompliziert” berichtet. Bleibt zu hoffen, dass die Turbulenzen des Übergangs überwunden sind und statt dessen gemeinsam der Betrieb dieser für das Internet kritischen Institution gewährleistet wird.
International hat sich die Internet Society sehr für diesen Übergang eingesetzt und sich verpflichtet, aktiv an der Implementierung der im Konsensvorschlag angelegten Prozesse mitzuarbeiten.
Danke für das Wörtchen “etwas”.
ICANN ist eine kalifornische Organisation, die natürlich amerikanischem Recht unterliegt. Aus meiner Sicht ist der Einfluß anderer Staaten, z.B. Deutschlands, sogar geringer geworden.
Durch die IANA-Transition ist der ganze Prozeß absolut ent-politisiert worden, und das ist aus meiner Sicht ein großer Rückschritt.
Auf der Domain Pulse in Lausanne, diesen Februar, stellte Thomas Rickert das von ihm mit ausgearbeitete Modell detailliert vor; damals war es schon so gut wie fertig. Er machte in Lausanne sehr deutlich, daß im Grunde ein “eigener Staat” nachgebildet wurde, mit sämtlichen Institutionen, die es dort schon gibt. Also Exekutive, Legislative, Judikative. Nur ist das eben nur eine Nachbildung, und nicht das Original.
Mein Hauptkritikpunkt ist die mangelnde Transparenz, die mangelnde Demokratie und die mangelnde Verantwortlichkeit des neuen IANA-Modells.
Was wäre denn bisher passiert, wenn die NTIA ihre Macht mißbraucht hätte, und z.B. – hypothetisch – die .DE Zone von der Root abgeklemmt hätte? Im Extremfall hätte man den amerikanischen Botschafter ins Wirtschaftsministerium in Berlin einbestellen können, da die Root eindeutig vom DoC, also von der amerikanischen Regierung, beaufsichtigt wurde. Und dann hätte Lawrence E. Strickling Rede und Antwort stehen müssen.
Was geschieht jetzt, im hypothetischen Fall, daß etwas ähnliches passiert? Man muß einen Bettelbrief an Göran Marby schreiben, oder an Steve Crocker, ob er denn bitte erklären könne, was denn passiert sei. Und dann müssen wir hoffen und beten, daß ICANN sich dazu herabläßt, zu antworten. Die deutsche Regierung kann keinen diplomatischen Druck mehr auf die Betreiber der Root ausüben, wenn was passiert. Weil ICANN eine privatrechtlich organisierte, kalifornische Organisation ist.
Deswegen war der 1. Oktober, also die IANA-Transition, ein rabenschwarzer Tag für das Internet.